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Erschütterung des Beweiswertes einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Der Entscheidung lag ein seit August 2018 bestehendes Arbeitsverhältnis zugrunde. Anfang Februar 2019 kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit der maßgeblichen Kündigungsfrist von zwei Wochen und legte dem Arbeitgeber am Tag der Kündigung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, mit der die gesamte Kündigungsfrist abgedeckt war. Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung, weil er der Auffassung war, der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei mit Blick darauf erschüttert, dass diese die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nach der Eigenkündigung des Arbeitnehmers genau abdecke.
Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht. Zwar sei die vom Arbeitnehmer behauptete Arbeitsunfähigkeit zunächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen worden. Der Arbeitgeber könne den Beweiswert der Bescheinigung jedoch erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und gegebenenfalls beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt das dem Arbeitgeber, müsse der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war. Der Beweis könne dabei insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach ansprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen.
Das Bundesarbeitsgericht hatte ernsthafte Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers und sah den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgrund der Koinzidenz zwischen der Kündigung und der bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bescheinigten Arbeitsunfähigkeit als erschüttert an. Da der Arbeitnehmer im Prozess seiner Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit nicht nachgekommen ist, wurde seine Klage auf Entgeltfortzahlung abgewiesen.
Die Entscheidung ist zu begrüßen und sollte bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers zum Anlass genommen werden, die Entgeltfortzahlung zunächst zurückzuhalten, bis die Zweifel beseitigt sind. Dies gilt insbesondere in diesen Zeiten, in denen Arbeitnehmer zunehmend Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von „Online-Ärzten“ vorlegen, bei denen sich bereits die Frage stellt, ob diese Ärzte jemals Kontakt zu dem Arbeitnehmer hatten.
Eingestellt am 20.01.2022
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