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Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers bei Zusatzurlaub schwerbehinderter Menschen
In der Sache stritten die Parteien über die Abgeltung des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Arbeitnehmer aus den Jahren 2016 bis 2018. Zwischen den Parteien bestand vom 22.08.2016 bis zum 15.02.2019 ein Arbeitsverhältnis. Der klagende Arbeitnehmer war seit Oktober 2014 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer zu keinem Zeitpunkt aufgefordert, Urlaub zu nehmen und ihn auch nicht darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums verfallen kann. Ob der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers Kenntnis hatte, war zwischen den Parteien streitig. Offenkundig war die Schwerbehinderung jedenfalls nicht.
Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis zum 15.02.2019 und beantragte, ihm zuvor zwölf Arbeitstage Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen zu gewähren. Dem Urlaubsantrag fügte er eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises bei. Der Arbeitgeber hat den Urlaub weder erteilt noch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten.
Das Bundesarbeitsgericht hat in der Sache nicht entscheiden können, sondern stattdessen an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da aufgeklärt werden musste, ob der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers Kenntnis hatte. Es hat aber festgestellt, dass der Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten werden müsse, wenn er noch offen sei. Dabei teile der Zusatzurlaub das rechtliche Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubs. Deshalb setze im Grundsatz auch die Befristung des Zusatzurlaubs die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers bei der Verwirklichung des Urlaubs voraus. Dies gelte aber dann nicht, wenn es dem Arbeitgeber unmöglich war, den Arbeitnehmer durch seine Mitwirkung in die Lage zu versetzen, den Zusatzurlaub zu realisieren. Habe er keine Kenntnis von der Schwerbehinderung und sei diese auch nicht offenkundig, verfalle der Anspruch auf den Zusatzurlaub deshalb mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums.
Mit dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zu den Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers zur Verwirklichung des Urlaubs konsequent fortgeführt und diese wie schon bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern davon abhängig gemacht, ob es objektiv möglich gewesen wäre, den Arbeitnehmer durch die Mitwirkung in die Lage zu versetzen, den Urlaubsanspruch zu realisieren. Ist dies nicht der Fall, weil die Schwerbehinderung dem Arbeitgeber weder bekannt noch offenkundig ist, war die unterlassene Mitwirkung des Arbeitgebers nicht kausal für die fehlende Möglichkeit des Arbeitnehmers, den Urlaubsanspruch zu realisieren, sodass dessen Verfall eintritt. Die Entscheidung verdient Zustimmung und sollte bei der Erfüllung bzw. Abgeltung von Urlaubsansprüchen unbedingt beachtet werden.
Eingestellt am 11.05.2022
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